Freitag, 15. Januar 2010

Lustige Geschichte: mit dem Trabbi nach Kambodscha

Zwar ist die Sache schon etwas her, aber trotzdem noch so interessant und ungewoehnlich das es wert ist, darueber ein bischen zu bloggen.

Zwickau, 22. Juli 2007. Vor einem halben Jahrhundert ist hier der erste Trabant vom Band gelaufen. Jetzt sind hier fünf junge Männer und drei Frauen am Start. Mit drei Trabis namens Fez, Ziggy und Dante. Und einem Mercedes-Kombi als rollendem Ersatzteillager.
Kambodscha, sechs Monate später. 20 Länder, 25.000 Kilometer und 320 Pannen haben Ziggy und Fez hinter sich. Sie sind da - und haben einen einzigartigen Marathon absolviert: Drei Trabis fahren um die halbe Welt. Zwei haben es geschafft. Nur Dante hat kurz vorher in Laos den Geist aufgegeben.

"Dante haben wir für Ersatzteile ausgeschlachtet und das Skelett in Laos gelassen", sagt Fahrer Tony Perez aus Washington D.C. Wobei das nicht der schwerste Verlust des Trecks war - denn "der Mercedes hat es nur bis Tadschikistan geschafft".

Trabis sind einfach zäher.

Die Reise des Trecks ging von Zwickau über Budapest, den Balkan, die Türkei und dann wie einstmals Marco Polo durch Zentralasien. Dass Ziggy und Fez bis nach Kambodscha durchkamen, haben sie nicht zuletzt dem 26-jährigen Perez zu verdanken, einem gelernten Automechaniker. "Ich hatte auf der Tour am meisten zu tun." Von Trabis hatte der Amerikaner zwar vor der Tour keine Ahnung. "Trabis gibt es in den USA nicht. Aber ich hatte auch schon Dinge wie Rasenmäher repariert. Diese Erfahrung war nützlich", sagt Perez lachend und fügt stolz hinzu: "Jetzt bin ich Trabi-Experte."


Die Idee zum Trabant-Treck hatte John Lovejoy, 27, aus den USA. Sie kam ihm im Winter 2006 in Budapest, wo er als Journalist arbeitete. Er ist Kambodscha-Fan, er dachte sich: "Es ist so kalt hier. Wie gerne wäre ich jetzt in Kambodscha am Meer." Und dann: "Hey, ich könnte da mit meinem Trabi hinfahren."

Den hatte sich Lovejoy im Sommer 2006 in Budapest für 60 Dollar gekauft und sich damit einen Kindheitstraum erfüllt. "Meinen ersten Trabi habe ich als Kind in Berlin gesehen und war hin und weg. Das war Liebe auf den ersten Blick. Aber meine Eltern wollten mir keinen kaufen."

"Wow, so weit haben wir es schon geschafft"

Lovejoy gelang es, Freunde und Freundinnen in Europa und den USA für die abenteuerliche Fahrt zu begeistern. Zum Beispiel John Drury aus Washington D.C. "Ich wollte immer schon verrückte abenteuerliche Reisen machen. Eine Idee war, mit einer Motorrad-Rikscha durch Indien zu fahren. Aber das hat schon mal jemand gemacht." Da kam die Trabi-Tour nach Kambodscha gerade recht. Drury: "Ich habe nie geglaubt, dass wir wirklich in Kambodscha ankommen. In jedem Land habe ich gedacht: 'Wow, dass wir es so weit geschafft haben.' Meine optimistischste Einschätzung war am Anfang, dass wir es bis Kasachstan schaffen."


Lovejoys Leute waren auch in China. Die Erinnerungen daran sind allerdings nicht die besten. "Das war ein Alptraum. Alle Trabis waren kaputt. Wir haben dann in Deutschland Ersatzteile bestellt und sind nach Vientiane in Laos geflogen. Die Trabis haben wir auf Lkw durch China nach Laos transportieren lassen. Wir selbst sind mit dem Zug und mit Bussen hinterher gereist", sagt der Brite Dan Murdoch.

Jeder der Trabant-Trekker kann von persönlichen Highlights oder Tiefpunkten der spannenden Reise berichten. Perez gerät ins Schwärmen, wenn er sich an die Mongolei erinnert. "Das war größte Erfahrung überhaupt. Da gab es keine Straßen. Einfach toll." Mit gleicher Leidenschaft spricht Drury über Turkmenistan - allerdings nicht so positiv: Die einzige Bank habe nur zweimal in der Woche für zwei Stunden geöffnet, Touristen hätten dort nur mit einem offiziellen Aufpasser reisen dürfen. "Das ist für mich das schlimmste Land der Welt. Da gibt es eine unglaublich bizarre Bürokratie mit vielen dummen Regeln, und die Polizei nimmt sich schrecklich wichtig."

Schmutz ist verboten, Gruppen sind verboten

Drurys schönste Erinnerung an Turkmenistan ist der kurze Moment, in dem die Trabis dem System ein Schnippchen schlugen und die Staatsmacht hilflos war. Das war in der Wüste Karakum. Die Trabis waren schmutzig; und schmutzige Autos sind in Turkmenistan verboten. Die Polizei zwang die Jungs, ihre Wagen zu waschen. Wie aus dem Nichts tauchten innerhalb weniger Minuten fast hundert Schaulustige auf. "Wir aber waren die Attraktion. Wir mussten gar Autogramme geben. Die Polizei wurde nervös, weil keine großen Menschenansammlungen erlaubt sind. Sie hat uns schleunigst in unseren staubigen Autos aus der Stadt eskortiert. Die waren froh, uns los zu sein."

Der Spanier Carlos Grey, der fünfte Trabi-Trecker, erinnert sich besonders an die Situation im Grenzgebiet zwischen Armenien und Aserbeidschan, als die Karawane beinahe beschossen worden wäre. "Es gibt immer noch schwere Spannungen an der Grenze zwischen den beiden Ländern. Wir sind auf ein Gebäude zugefahren, das unbewohnt schien. Plötzlich tauchten Männer mit Kalaschnikows auf. Die haben uns angeschrien und bedroht, die Videokamera abgenommen und die Kassette entfernt." Lovejoy sei es dann in seinem schlechtem Russisch gelungen, die Männer davon zu überzeugen, dass wir keine Spione sind. "Da haben sie sich beruhigt und uns am Ende sogar umarmt."

Für Trabi-Fetischist Lovejoy sind eindeutig die Wagen die Stars der Reise. Stolz erzählt er, dass die DDR-Vehikel die Wüste Gobi gemeistert und das Hochgebirge Pamir in Zentralasien bezwungen haben, über das schon Alexander der Große und später die Rote Armee nach Afghanistan gezogen seien. "Der Pass auf dem Pamir Highway war 4800 Meter hoch. Das haben die Trabis besser geschafft als wir. Wir haben in der dünnen Luft schrecklich gekeucht." Die Trabis waren auf der Tour Gefährt und Gefährte, Heimat und Wohnmobil. Lovejoy hat sogar gerne auf dem Dach seines Trabis geschlafen. "Das gibt schön nach und passt sich dem Körper an - richtig bequem."


Party in "Monkey Republic"

Das Trabi-Trekking war kein billiges Vergnügen, "pro Person 12.000 Dollar hat das gekostet", schätzt Lovejoy. "Wir hatten ursprünglich mit etwa 7000 Dollar gerechnet, aber durch die vielen Pannen und Verzögerungen ist es teurer geworden." Eingenommen haben sie 16.000 Dollar für die beiden kambodschanischen Organisationen Mith Samlahn und M'lop Tapang, die in Phnom Penh und Sihanoukville Straßenkindern ein Zuhause, Essen und eine Ausbildung geben.

100.000 Dollar Kosten, 16.000 Dollar Einnahmen - "ich weiß, das ist ein schlechtes Geschäft", sagt Lovejoy. Er hofft, Geld durch den Verkauf der Filmrechte zu verdienen. "Wir haben 220 Stunden Videomaterial, und Sender wie 'National Geographic' zeigen schon Interesse."

Seit Anfang Januar erholen sich die fünf Jungs von den Strapazen der langen Tour am Strand von Sihanoukville, rund 230 Kilometer südlich von Phnom Penh. Die drei Frauen sind schon unterwegs peu à peu ausgestiegen. Der Amerikanerin Megan war das Geld ausgegangen, und Marlene aus Polen sowie die Ungarin Zsofi mussten zurück, um sich ihrer Ausbildung zu widmen.

Die Trabent-Fahrern wohnen nun im Gästehaus "Monkey Republic" in jenem Viertel, das mit seinen Bars, Restaurants, Discos und Gästehäusern dabei ist, der berühmt-berüchtigten Khao San Road in Bangkok den Ruf als Partyhochburg für Rucksacktouristen streitig zu machen. Dass in der zweiten Februarhälfte die Heimreise ins normale Leben ansteht - das verdrängen sie.

Fez und Dante jedenfalls bleiben vorerst in Kambodscha. "Vielleicht fahre ich sie eines Tages zurück", sagt Lovejoy. "Ich brauche jetzt erst mal Abstand. Das ist wie in einer Ehekrise, wo man auch Zeit für sich braucht - ehe man sich wieder annähert."

DAS ist mal COOL IN KAMBODSCHA

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